"Alte Mauern, neues Leben": Kloster Eberbach

Elegante Schlichtheit zieht viele an

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„Alte Mauern – neues Leben“: Einmal im Monat führt diese Reiseseite zu Stätten, an denen einst kirchliches Leben blühte. Kloster Eberbach ist heute das bedeutendste mittelalterliche Gesamtkunstwerk in Hessen und zieht Gäste aus aller Welt an. Von Christa Kaddar



Kloster Eberbach heißt heute Gäste aus aller Welt willkommen.


„Porta patet, cor magis – Die Tür steht offen, mehr noch das Herz“, lautet der überlieferte Wahlspruch der Zisterziensermönche, den das heutige Kloster Eberbach noch gern für sich in Anspruch nimmt. Seit vor rund 220 Jahren die letzten Mönche aus dem Kloster Eberbach vertrieben wurden, befindet sich die Anlage in weltlichem Besitz. 1998 wurde das Kloster, das sich seit 1945 mit den Hessischen Staatsweingütern in der Verwaltung des Landes Hessens befand, in eine öffentlich-rechtliche, gemeinnützige Stiftung überführt. Sie hat sich „die nachhaltige Sicherung, Erhaltung und Nutzung des Klosters“ zum Ziel gesetzt, muss mehr als drei Millionen Euro im Jahr erwirtschaften und vermietet deshalb die „heiligen Hallen“ für Empfänge, Tagungen, Firmen- und Familienfeiern, Konzerte und Lesungen. Außerdem kommt ein großes Publikum, um an Führungen und Weinproben teilzunehmen und Ausstellungen und andere Kulturveranstaltungen zu besuchen, wie beispielsweise das „Rheingau Musik Festival“. Die besondere Atmosphäre der Anlage hält somit die Erinnerung an das klösterliche Leben bis heute wach; in der Basilika finden auch sakrale Konzerte und Gottesdienste statt.
„Die Schlichtheit dieses Klosters ist atemberaubend“, sagte einmal der im August verstorbene Günter Ringsdorf, der 1998 Geschäftsführer der neu gegründeten Stiftung Kloster Eberbach wurde und noch oft „der letzte Abt von Eberbach“ genannt wird. Noch viele Jahre nach seiner Pensionierung moderierte er Weinproben im Kloster und machte bei Rundgängen durch die historischen Räume auf die Faszination der wechselnden Temperaturen aufmerksam. „Man muss in Eberbach gefroren haben, um zu fühlen, wie die Mönche hier gelebt haben.“
Hauptsächlich seiner Initiative und seinem Verhandlungsgeschick war es zu verdanken, dass das Kloster durch den Film „Der Name der Rose“ zu internationaler Bekanntheit gelangte, denn Regisseur Jean-Jacques Annaud hatte 1985 die historische Kulisse für die Innenaufnahmen zu seinem Film genutzt. Besucherbefragungen in den Folgejahren zeigten, dass durch diese Verfilmung von Umberto Ecos Roman, der im 14. Jahrhundert spielt, das Kloster nachhaltig an Popularität gewann.

„Man begibt sich in eine andere Welt“

Viele Touristen, die das Kloster besuchen, buchen vorab eine Führung oder nehmen an einer öffentlichen Führung teil, für die speziell ausgebildete Frauen und Männer vom Verein Eltviller Gäs-teführer bereitstehen und in mehreren Sprachen führen können. Sogar im Jahr 2021, das noch stark von Corona-Beschränkungen geprägt war, hat die Stiftung über 1000 Gästeführungen an den Verein vermittelt. Eine der zertifizierten Gästeführerinnen ist Monika Albert, die seit 1999 Gruppen mit viel Herzblut durch die Zisterzienser-Abtei führt. „Mich fasziniert die abgeschiedene Lage des Klosters – man begibt sich in eine andere Welt“, erklärt sie. „Weinführungen mache ich besonders gerne, weil ich dadurch auch die Weinregion Rheingau gut integrieren kann und den Bogen des historischen Weinbaus und der modernen Weinbereitung im Hessischen Staatsweingut am Steinberg mit einfließen lasse.“
Auch Themenführungen zum Film „Der Name der Rose“ oder speziell zum „Leben der Mönche im Mittelalter“ werden häufig gebucht. „Im Laufe der Jahre wurden immer mehr Führungen mit integrierten Weinproben ausgearbeitet und angeboten.“ Bei den Schlenderweinproben verkosten die Gäste während des Rundgangs in eineinhalb Stunden sechs Weine und bekommen auf unterhaltsame Weise die Klosteranlage vorgestellt. „In jüngster Zeit sehr beliebt sind auch musikalische Rundgänge mit integrierter Weinprobe“, berichtet Monika Albert. „Besonders für Kinder und als Familien-erlebnis möchte die Stiftung den Klosterbesuch zukunftsweisend aufstellen. Es gibt spezielle Kinderführungen, Lesungen und Sonderausstellungen.“ Auch der Spielgarten „Hortus Ludi“, ein Abenteuerspielplatz, wurde 2020 für Kinder eröffnet.

www.kloster-eberbach.de

Von Christa Kaddar