Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt

Interne Untersuchung bestätigt Vorwürfe gegen früheren Referatsleiter

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Zwei Hände, die sich berühren
Nachweis

Foto: unsplah.com/Alexander Grey

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Eine interne Untersuchung des Bistums Osnabrück hat ergeben, dass ein früherer Referatsleiter für psychologische Beratungsstellen sexualisierte Gewalt ausgeübt hat. Foto: unsplah.com/Alexander Grey

Mitte 2021 erhoben mehrere ehemalige Mitarbeiter und Klienten Vorwürfe gegen den früheren Leiter des Referats für Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung im Bistum Osnabrück. Der Beschuldigte S. war von 1969 bis 1996 Referatsleiter und am Aufbau zahlreicher Beratungsstellen im Bistum Osnabrück beteiligt. S. ist 2004 verstorben. Er war kein Kleriker.

Ein früherer Leiter des Referats für Ehe-, Familien-, Lebens- und Erziehungsberatung im Bistum Osnabrück hat sich in seiner Amtszeit zwischen 1969 und 1996 schweren Machtmissbrauchs und vielfältiger Gewaltanwendung gegen ehemalige Mitarbeiter und Klienten schuldig gemacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine interne Untersuchung, die das Bistum Osnabrück im Auftrag der Monitoring-Gruppe im diözesanen Schutzprozess durchgeführt hat, nachdem sich Betroffene gemeldet hatten. Auch die Rolle früherer Bistumsleitungen im Umgang mit Betroffenen und dem Beschuldigten war Gegenstand der Untersuchung.

Die Untersuchung bestätigt die gegen den früheren Referatsleiter erhobenen Vorwürfe: Demnach habe S. immer wieder seine Rollen als Vorgesetzter, Therapeut und Ausbildungsleiter vermischt und Vertrauensverhältnisse ausgenutzt und missbraucht. Betroffene berichten von physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt durch S. Auch ein möglicher geistlicher Missbrauch steht im Raum. Unter den Betroffenen befinden sich Frauen und Männer, darunter auch Geistliche und Priesteramtskandidaten. 

Es fanden sich keine belastbaren Hinweise darauf, dass während seiner Dienstzeit konkrete Vorwürfe von Machtmissbrauch und Gewalt gegen S. an die damals amtierende Bistumsleitung oder die Mitarbeitervertretung herangetragen worden wären. Erst nach dem Ausscheiden von S. aus dem kirchlichen Dienst sind Meldungen von Betroffenen an die Bistumsleitung nachweisbar. 

Bischof em. Bode und Theo Paul räumen Versäumnisse ein

Erstmals Ende der 1990er Jahre wandte sich ein Zeuge an Bischof Bode und berichtete ihm wiederholt von Machtmissbrauch durch S. und dessen Abhängigkeitssystem. Ein weiterer Betroffener meldete sich 2013 und berichtete Bischof Bode in einem mehrseitigen Brief detailliert über den sexuellen Missbrauch durch S., der bis zur Vergewaltigung gegangen sei. Über beide Fälle sprach Bischof Bode auch mit Generalvikar Theo Paul. Eine konsequente Aufklärung der Vorwürfe gegen S. unterblieb seinerzeit allerdings. Im Jahr 2004 ist S. verstorben. Bischof em. Bode und Theo Paul räumen im Rahmen der nun erfolgten Untersuchung eigene Versäumnisse im Umgang mit den Vorwürfen gegen S. ein. 

„Es ist erschreckend, dass solche Formen von Machtmissbrauch und Gewalt in der Vergangenheit auch im besonders sensiblen Feld von psychologischer Beratung gedeihen konnten“, sagt Domkapitular Ulrich Beckwermert als Vertreter der Bistumsleitung. „Das zeigt, wie wichtig Präventionsarbeit und entsprechende Schutzkonzepte sind, die wir in den vergangenen Jahren auch in unseren EFLE-Beratungsstellen installiert haben. Wir werden über das Ergebnis der Untersuchung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Beratungsstellen im Gespräch bleiben und prüfen, ob sich durch die Erkenntnisse aus der Vergangenheit noch weitere notwendige Maßnahmen ergeben, um die hohe Qualität der heutigen Beratungsarbeit auch für die Zukunft zu sichern.“

Betroffene, die Machtmissbrauch und Gewaltanwendung durch den Referatsleiter erlebt haben, können sich insbesondere an Simon Kampe wenden, den Ombudsmann im Schutzprozess. Alternativ können sie sich auch an die unabhängigen Ansprechpersonen wenden. Alle Kontaktdaten im Internet unter www.bistum-osnabrueck.de/hilfen-fuer-betroffene (kb)

Simon Kampe
0541/318389    
s.kampe@bistum-os.de