Der richtige Umgang mit Tablets und Smartphones

„Jetzt pack doch mal das Handy weg!"

Image

Der richtige Umgang mit Tablets und Smartphones ist für viele Familien zu einer Mammutaufgabe geworden. Nicht wenige Eltern kapitulieren dabei. Medienexperte Thomas Feibel gibt Tipps und wichtige Informationen für eine gute und sinnvolle Mediennutzung in der Familie.


Wann wird der Blick aufs Handy zur Sucht? Gefährdet sind Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Das macht Regelungen in den Familien oft schwer. Foto: istockphoto

Es ist Streitthema Nummer eins in deutschen Familien: das Smartphone. Dieses kleine technische Gerät übt einen magischen Reiz aus – auf Kinder ebenso wie auf Erwachsene. Nur zehn Minuten vergehen heute im Schnitt, bis Kinder und Jugendliche wieder auf ihr Smartphone blicken, 98 Mal am Tag schalten sie das Display ein. Aber auch immer mehr Eltern sind dem Smartphone verfallen. In seinem Ratgeber „Jetzt pack doch mal das Handy weg“ erklärt Autor und Medienexperte Thomas Feibel, wie Familien den Umgang gut und gewinnbringend regeln und gleichzeitig exklusive Zeit für sich zurückerobern können. Er klärt auf über Gefahren und Möglichkeiten, Sicherheitseinstellungen, Apps und Soziale Netzwerke, wirbt für Verständnis aber auch für das Aufstellen von Regeln und gibt wichtige Informationen zu Datenschutz, technischen Einstellungen und Suchtprävention.


Selber Vorbild sein
Erziehung bedeutet immer auch Selbsterziehung. Wie groß und bedeutend ihre Vorbildrolle in Sachen Medien tatsächlich ausfällt, ist vielen Eltern aber nicht klar. Auch sie lassen sich nur zu gern von den Möglichkeiten des Smartphones verführen, so dass sich mittlerweile auch die Kinder über den Medienkonsum ihrer Eltern öffentlich beschweren. Studien belegen, dass Babys, deren Mütter mehr auf das Handy starren als auf das Gesicht ihres Kindes, zu Depressionen neigen können. Zunächst sollten Eltern also das eigene Handyverhalten überprüfen, Berufliches und Privates gut voneinander trennen und zum Beispiel handyfreie Zeiten in der Familie einrichten: Während der Mahlzeiten, im Restaurant, beim gemeinsamen Spiel, auf dem Spielplatz und beim Kinderwagenschieben, bei den Hausaufgaben, beim Abholen der Kinder oder während des Abendrituals ist das Handy tabu. Das ist gut für die Beziehung untereinander und für einen selbstbestimmten und souveränen Umgang mit dem Gerät.


Mut zur Autorität
Kinder wollen und brauchen nicht nur verständnisvolle, sondern auch autoritäre Eltern, die klare und nachvollziehbare Ansagen machen und sagen, wo es langgeht. So müssen Kinder auch lernen, mit Frustrationen umzugehen, die Regeln zwangsläufig mit sich bringen. Gerade bei Jugendlichen herrscht heute aber oft große Ratlosigkeit, je unklarer die Eltern sind. Also: Haltung zeigen, klare Regeln aufstellen und durchsetzen.


Up to date bleiben
Der Frankfurter Psychoanalytiker Martin Altmeier spricht vom unbewussten Wunsch der Elterngeneration „eine gesellschaftliche Entwicklung anzuhalten, von der sie sich überfordert fühlt“.  Das Leben im Medienzeitalter ändert sich rasant und ist anstrengend. Es hilft aber nichts: Eltern dürfen hier nicht kneifen und sollten unbedingt auf dem Laufenden bleiben, sich fortbilden und informieren, um ihre Kinder angemessen begleiten zu können. Es ist die Aufgabe von Erwachsenen, immer wieder Zusammenhänge zu erklären und einzuordnen.


Gestalten statt konsumieren
Aber wie können Eltern ihre Kinder für die Chancen und Gefahren im Netz sensensibilisieren, ohne dass sie ihre Ohren auf Durchzug stellen? Thomas Feibel betont: „Indem wir ihnen das aktive Gestalten zeigen.“ Statt stundenlang „Clash Royale“ zu spielen oder auf Instagram herumzublättern, gibt es mit den richtigen Ideen und passenden Apps weitaus interessantere Möglichkeiten. Das bereichert Kinder nicht nur in ihrer Kreativität sondern erweitert auch den Horizont beträchtlich. Ein weiterer Vorteil: In einem solchen Zusammenhang ist es viel einfacher, über Dinge wie „Persönlichkeitsrecht“, „Recht am eigenen Bild“ oder „Urheberrecht“ zu sprechen und auf Gefahren aufmerksam zu machen.


Handyverbot umgehen
Das Handy zu verbieten scheint verlockend, sollte aber die letzte Lösung sein. Denn einen konstruktiven Austausch ermöglicht das oft nicht. Besser sind Abmachungen und Absprachen, zu welchen Zeiten das Handy tabu ist und welche Spiele oder Apps zum Beispiel noch nicht erlaubt sind. Erst wenn diese Regeln nicht eingehalten werden, sollte das Smartphone auch mal für eine gewisse Zeit einkassiert werden.


Signale ausschalten
Eltern können für sich und mit dem Kind überlegen, welche Benachrichtigungen sich auf dem Smartphone deaktivieren lassen. Jedes „Pling“ lenkt ab und weckt  die Aufmerksamkeit fürs Handy. So können auch Eltern versuchen, zum Beispiel E-Mails nur noch auf dem PC zu lesen und ihre Kinder nicht sofort mit einer  Flatrate auszustatten, mit der sie immer und überall ins Internet gehen und Nachrichten abrufen können. Prepaid ist da eine gute Option, bei der das Budget die Nutzung regelt und drosselt. Und: Kein WLAN im Urlaub sorgt nach einer kurzen Frustphase für die beste Erholung!


Langeweile aushalten
Neben dem Kontakt zu Freunden und der Informationsbeschaffung ist Langeweile eine große Antriebsfeder beim stundenlangen Surfen im Netz und in Sozialen Netzwerken. Langeweile auszuhalten, das fällt Kindern wie Erwachsenen heute schwer. „Dabei bringt sie uns alle weiter, kann ungeahnte Kräft entfesseln und uns auf neue Ideen bringen“, erklärt Thomas  Feibel und schlägt Familien vor, Langeweile wieder zum Programm zu machen: „Nehmen wir uns doch mal mit unseren Kindern am Wochenende nichts vor und machen mit ihnen nichts. Das sind Momente, in denen sich nach ersten holprigen Minuten tolle Gespräche entwickeln“ – offline!


Erst denken, dann schenken
„Unsere Kinder hängen am Smartphone, weil wir ihnen eines gekauft haben oder ihnen unsere abgelegten Smartphones weitergeben“, betont Thomas Feibel auf seinen vielen Vorträgen – überwiegend vor Teenager-Eltern, die dann betroffen schweigen. Es seien Geräte für Erwachsene und erst ab einem gewissen Reifegrad für Kinder sinnvoll. Eine feste Altersgrenze mag er nicht definieren. Er empfiehlt, in Ruhe nachzufragen, warum das Kind ein Smartphone haben möchte und welche Regeln es selbst vorschlage. „Daran merkt man sehr schnell, ob es für diesen Schritt bereit ist.“ Anschließend sollten Eltern diese Regeln definieren, festhalten und immer wieder anpassen.

Astrid Fleute

Thomas Feibel, „Jetzt pack doch mal das Handy weg“, Ullstein-Verlag, 9,99 Euro