Für die Zukunft wird eine Verschlechterung der Finanzlage der deutschen Bistümer erwartet

Nicht nur Hamburg muss sparen

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Das Erzbistum Hamburg muss schnell handeln, um eine weitere Verschuldung abzuwenden. Aber nicht nur der Norden steckt in finanziellen Schwierigkeiten – trotz guter Kirchensteuer-Einnahmen in den vergangenen Jahren. 

Grafik: Bilanzentwicklung des Erzbistums Hamburg

Das teils noch beträchtliche Vermögen der katholischen Kirche in Deutschland könnte in Zukunft kleiner werden. Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass das Erzbistum Hamburg vor einem großen Schuldenberg steht und massiv sparen muss. Beobachtern zufolge werden in Zukunft auch andere Diözesen in diese Lage geraten – einige sind sogar schon mittendrin.

Laut Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Uni Münster, ist Hamburg zwar aktuell die einzige überschuldete unter den 27 deutschen Diözesen, dennoch gibt es weitere „Sorgenkinder“. Auch Magdeburg, Essen, Hildesheim und Mainz sieht der ehemalige Mitarbeiter des Bistums Limburg in der Krise. Er war unter dem früheren Bischof Franz Kamphaus Leiter der Rechtsabteilung und Sparkommissar für die Kirchengemeinden.

Magdeburg kämpft mit hohen Altschulden und wird – wie alle Ost-Bistümer – von den reicheren West-Bistümern bezuschusst. Essen macht eine große Deckungslücke bei der Altersversorgung zu schaffen. Hildesheim ist nach schmerzhaften Sparmaßnahmen zwar auf dem Weg der Besserung, hat aber weiter Aufstockungsbedarf beim Eigenkapital. 

„Infrastruktur der Kirche ist zu groß geworden“

Als besonders prekär beschreibt Schüller die Lage in Mainz: Die Diözese hat 2016 einen Fehlbetrag von 18,6 Millionen Euro erwirtschaftet und rechnet auch für das laufende Jahr wieder mit einem Minus. „Ein nicht ausgeglichener Haushalt ist sogar noch schlimmer als eine Überschuldung“, sagt Schüller.

So gesehen, steht das Erzbistum Hamburg noch gut da. Es schloss bislang seine Jahreshaushalte mit einem leichten Plus ab. Das bedeutet: Auf lange Sicht besteht die Möglichkeit, die Überschuldung abzubauen und den finanziellen Verpflichtungen, etwa für die Pensionen, nachzukommen. Dazu sind allerdings drastische Sparmaßnahmen notwendig. Einige hat die Diözese bereits in die Wege geleitet, etwa durch die Gründung einer zentralen Bauabteilung und die Zusammenlegung der drei Caritasverbände. 

Doch damit könne laut Ernst & Young nur ein Teil des Defizits ausgeglichen werden. Die Planer schlagen daher vor, in den Pfarreien Gebäude aufzugeben, Schulen und soziale Einrichtungen zu schließen sowie weitere „Strukturanpassungen“ vorzunehmen.

„Das ist ein erster Geschmack auf das, was allen Diözesen in den nächsten zehn Jahren bevorsteht“, sagt Schüller. Noch stehen reiche Bistümer wie Köln, Paderborn und München gut da. Doch über kurz oder lang werden auch dort die Mitgliederzahlen und damit die Einnahmen sinken. Nach Schüllers Schätzungen müssen sich langfristig alle Bis-tümer von etwa einem Drittel ihrer Gebäude verabschieden. „Die Infrastruktur der Kirche ist einfach zu groß geworden.“

Grund zur Panik sieht der Experte aber nicht: „Die Einschnitte werden zwar insbesondere für viele Gemeindemitglieder schmerzhaft sein, aber sie sind machbar.“ Die Vorgehensweise des Erzbistums Hamburg hält er für vorbildlich: „Es ist sehr vernünftig, externe Berater zu beauftragen und nun gemeinsam mit den Menschen gravierende Schritte einzuleiten.“ Noch sei das Kind nicht in den Brunnen gefallen: „Wenn die Diözesen rechtzeitig handeln, sind sie auf jeden Fall noch finanziell zu retten.“

Text: Michael Althaus