Seit 25 Jahren Glaubensweg von Lohne nach Wietmarschen

Öffentliches Glaubensbekenntnis

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Zwei Männer sitzen an einem Tisch und haben ein aufgeschlagenes Buch vor sich
Nachweis

Foto: Sebastian Hamel

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Benedikt Düttmann und Wilhelm Stolte vom Wietmarscher Wallfahrtsverein freuen sich, dass der Glaubensweg auch nach 25 Jahren noch gut angenommen wird.

Er soll einen Bogen spannen von der Erlebniswelt der Jünger Jesu zur Lebensrealität der Menschen heute: der Glaubensweg der Seligpreisungen von Lohne nach Wietmarschen in der Grafschaft Bentheim. Beginnend an einem Findling am Heimathaus in Lohne, führt der Weg mit seinen acht Stationen auf einer Länge von gut sieben Kilometern über den Alten Diek zur Wallfahrtskirche in Wietmarschen.

25 Jahre ist es her, dass die ersten vier Sandstein-Monumente im Herbst 1999 eingeweiht wurden – und noch immer erfreut sich der Glaubensweg von Lohne nach Wietmarschen großer Beliebtheit bei Pilgern und geführten Gruppen, Spaziergängern und Radfahrern. Träger des Glaubensweges ist der seit 1994 bestehende Wietmarscher Wallfahrtsverein. Schon kurz nach der Vereinsgründung kamen Überlegungen auf, die Hauptwallfahrtswege nach Wietmarschen mit christlichen Symbolen zu versehen. Maßgeblich vorangetrieben wurde die Idee durch Wilhelm Stolte, damals Vorsitzender und heute Ehrenvorsitzender des Vereins. 

In einem aufgeschlagenen Buch sind mehrere Stationen des Glaubensweges zu sehen
Insgesamt besteht der Glaubensweg aus acht Stationen auf einer Länge von gut sieben Kilometern. Foto: Hamel

Das Vorhaben konkretisierte sich mit der Zeit auf die Ausgestaltung eines alten Wallfahrtsweges, der von Lohne nach Wietmarschen führt. Dieser Weg ist auch historisch betrachtet von Bedeutung, erklärt Wilhelm Stolte: So wurde die Strecke im 18. Jahrhundert von den sogenannten Hollandgängern genutzt – Knechte und Heuerleute, die, von Armut getrieben, in die Niederlande zogen, um dort in der Landwirtschaft auszuhelfen und von dem Lohn die Familien in Deutschland zu unterstützen. „Jährlich waren es bis zu 25.000 Hollandgänger. Viele starben unterwegs, einige von ihnen sind in Wietmarschen bestattet“, berichtet Stolte.

Bei der thematischen Gestaltung des Glaubensweges fiel die Wahl auf die Seligpreisungen aus der Bergpredigt im Matthäusevangelium. Verbunden damit war das Anliegen, die Herausforderungen und Bedürfnisse der Menschen in der heutigen Zeit anzusprechen: etwa die Sehnsucht nach Frieden, den Kampf gegen den Klimawandel oder den Einsatz für ein gerechtes Miteinander. „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden“, (Matthäus 5,6) lautet beispielsweise der entsprechende Vers für Station 4, oder „Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen“, (Matthäus 5,8) für Station 6.

Auch der Titel „Steine des Anstoßes“, mit dem der Glaubensweg überschrieben ist, bezieht sich auf die heutige Welt. In doppelter Bedeutung bringt der die Kluft zwischen Verheißungen und Realität zum Ausdruck, erläutert Stolte: Einerseits werde damit angespielt auf all jene, die sich an der Botschaft Jesu stoßen, damit nichts anfangen können oder ihr zuwiderhandeln – andererseits gehe es um einen Anstoß zum Handeln für ein sinnstiftendes, gelingendes Leben. Insgesamt verstehe sich der Glaubensweg als Appell an das Gute im Menschen.

Zuschlag für einen Osnabrücker Künstler

Den Zuschlag für die Realisierung erhielt der Osnabrücker Künstler und Bildhauer Dominikus Witte, der die Skulpturen aus Bentheimer Sandstein schuf und mit Bronzeelementen versah. Inzwischen sind zudem QR-Codes angebracht worden, über die sich Meditationstexte abrufen lassen. Bezüglich der Optik war es den Verantwortlichen wichtig, dass sich die Monumente gut ins Landschaftsbild einfügen. Die Finanzierung erfolgte ausschließlich durch Kollekten in der Wallfahrtskirche und weitere Spenden; die regelmäßige Pflege der Stationen geschieht durch Ehrenamtliche, neben Stolte selbst vor allem Landschaftsgärtner Matthias Bruns sowie Benedikt Düttmann, 2. Vorsitzender des Wallfahrtsvereins.

Nach der Einweihung der ersten vier Stationen am 9. Oktober 1999 durch Weihbischof Theodor Kettmann folgten zwei weitere am 1. Juli 2001 durch den bischöflichen Beauftragten im Wietmarscher Wallfahrtsverein, Monsignore Klaus Plate, und den damaligen Pfarrer von Wietmarschen, Alfons Heermann, und schließlich die beiden letzten Monumente am 14. September 2002 durch Bischof Franz-Josef Bode – jeweils im Rahmen einer Wallfahrt. Die jährlichen Fußwallfahrten nach Wietmarschen am Karfreitag sowie am Sonntag vor Christi Himmelfahrt sind auch die zentralen Anlässe, zu denen der Glaubensweg bis heute besondere Beachtung erfährt. Hinzu kommen Gruppenführungen, die der Wallfahrtsverein anbietet.

Wilhelm Stolte, mittlerweile 95 Jahre alt, hat selbst im Laufe der Jahre an die 100 Führungen geleitet – von Firm- und Seniorengruppen über Lehrerkollegien und Theologiestudenten bis hin zu Politikern, letztere im Zuge der Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen des Landkreises Grafschaft Bentheim im Jahr 2010. Der 25. „Geburtstag“ des Glaubensweges wurde kürzlich mit Fuß- und Radwallfahrt, Festmesse und geselligem Beisammensein mit zahlreichen Teilnehmern gefeiert. Erfreut sagt Stolte: „Es ist schön, dass der Glaubensweg noch immer so gut angenommen wird.“

Wer an einer Führung interessiert ist, kann sich beim Pfarrbüro in Wietmarschen melden. Telefon 05925/226

Sebastian Hamel

Drei Fragen an den Künstler Dominikus Witte

Welche Intention hatten Sie damals bei der Gestaltung der Stationen?
Die Stationen des Glaubensweges sollten und sollen als monumentale Skulpturen die Pilger zum An- und Innehalten animieren. Die biblischen Verse der Seligpreisungen sollten in zeitgemäßen, künstlerischen Darstellungen in Beziehung gebracht werden mit Problemen und Fragestellungen des ausgehenden Jahrtausends. Trotz zahlreicher Krisen ein „Glaubensbekenntnis“ in aller Öffentlichkeit.

Haben Sie eine Lieblingsstation – oder sehen Sie den Glaubensweg eher als Gesamtwerk?
Der Glaubensweg ist als Gesamtkunstwerk konzipiert. Dennoch haben die einzelnen Stationen meines Erachtens das Potenzial, auch als Solitär zu wirken. Die Station „Selig die Barmherzigen“ steht in fast identischer Ausführung in unserem Garten.

Welche Beziehung haben Sie nach 25 Jahren noch zu dem Glaubensweg?
Bis heute bin ich immer mal wieder – auch mit unterschiedlichen Gruppen – dort gewesen, um meine Arbeit, die sicherlich eine Besondere in meinem künstlerischen Schaffen ist, vor Ort zeigen und erleben zu können. Dass nach 25 Jahren das Dargestellte oft noch oder wieder an anderer Stelle und/oder in anderer Form aktuell ist, macht zum einen traurig, zeigt zum anderen aber auch die Bedeutung dieses Werks.