Was bleibt nach den Demonstrationen?

Zusammen sind wir stark

Image
Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift "Demokratie ist geil"
Nachweis

Foto: imago/IPON

Caption

Wie wunderbar unsere Staatsform doch ist! Diese Demonstrantin in Berlin erinnert daran.

Die immer noch andauernden Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sind ermutigende Zeichen. Irgendwann aber werden sie abebben. Wie geht es dann weiter? Was können wir tun, um dauerhaft die Demokratie zu schützen?

Seit Wochen gehen Hunderttausende Menschen in Deutschland auf die Straße. Gegen rechtsextreme Deportationsfantasien, gegen Hass und Hetze, gegen die AfD – und für Demokratie, Menschlichkeit, Zusammenhalt. Sie demonstrieren in großen und kleinen Städten, im Osten und im Westen. Sie haben verstanden, dass unsere Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist, sondern ein zerbrechliches Gut. 

Die Demonstranten wollen nicht länger eine schweigende Mehrheit sein. Sondern mithelfen, dass sich ein Horror wie in der Nazizeit in Deutschland nicht wiederholt. Aber natürlich zaubern die Demonstrationen weder die völkische Ideologie des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke aus der Welt noch das rechtsextreme Denken mancher Wähler. Die Umfragewerte der Partei sind nach wie vor hoch. Was also tun? Wie lässt sich der Geist der Demonstrationen im Alltag leben – so, dass er dauerhaft etwas bewirkt? Wie können Menschen, die die AfD aus Wut statt aus Überzeugung wählen wollen, zurückgewonnen werden?

Gelingen kann das, wenn viele mitmachen: in der Politik, in Vereinen und Institutionen und im privaten Umfeld. 

Die demokratischen Parteien sollten natürlich in der Sache hart streiten, aber immer lösungsorientiert. Sie sollten klar unterscheiden zwischen demokratischen Konkurrenten und antidemokratischen Gegnern. Sie sollten unter Demokraten mehr das Verbindende als das Trennende suchen. Denn je stärker sich das Parteiensystem auffächert, desto mehr Partner braucht es, um eine Regierung zu bilden – und desto wichtiger wird die Kunst des Kompromisses.

Kolpingsfamilien, Bildungswerke und Kirchengemeinden könnten einen Diskussionsabend mit dem örtlichen Bundestagsabgeordneten zu strittigen Themen wie den Folgen von Migration organisieren. Wird so ein Abend kompetent moderiert, können Menschen da Dampf ablassen, voneinander lernen und Perspektiven erkennen; das von den Kirchen geschaffene SachsenSofa beweist seit Jahren, dass das funktioniert.

Auch jede und jeder Einzelne kann etwas tun. Etwa: mit Wütenden diskutieren, beim Familientreffen und am Sportplatz, im Kegelclub und im Kirchenchor. Nicht nur über Fußball, Häkeln und Urlaub reden, sondern auch unangenehme Diskussionen führen. Versuchen, mit Argumenten zu überzeugen. Und rassistischen Aussagen scharf widersprechen. 

Wir Gläubigen können anderen helfen, Mut zu fassen

Jede und jeder kann sich in seinem Ort engagieren, im Elternbeirat der Kita, im Gemeindevorstand, in einer Partei. Er kann seine Welt ein Stück besser machen und spüren: Ich bewirke was. Und es tut gut, für etwas zu sein statt gegen etwas.

Wir Gläubigen können in dieser schwierigen Zeit besonders wichtig sein: als Vertreter christlicher Werte, als Anwälte der Schwachen, als Anpacker für die Demokratie. Wir können anderen Menschen helfen, jetzt Mut zu fassen und eine positive Zukunftsvision zu entwickeln. Wir können fragen: In welchem Land wollen wir leben? Wovon träumen wir? Und was können wir dafür tun, dass dieser Traum Wirklichkeit wird? Die Demonstrationen haben gezeigt: Zusammen sind wir stark.

Andreas Lesch